Limitless Love
Die Unsterblichkeit der Liebe

Rezension
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Wer diesen Roman liest, sollte sich besser anschnallen. Nichts für zarte Gemüter, die einen unbeschwerte Geschichte erwarten. Mir ging er direkt unter die Haut. Taschentuch am Ende garantiert - eben Tragik pur.
July Bones von Richard Walters
Als ich July Bones das erste Mal hörte, hatte ich sofort Rafael und seine Stimmung im Kopf. Wie ein langsamer Walzer denkt er an Paula. In ruhigen Bewegungen tanzt er durch den tragischen Liebesroman seiner Erinnerungen, schwerelos und taumelnd. Der melancholische Song und der minimalistische Text sind Rafael. Und Rafael ist dieser Song. Voll und ganz.

Songtext:
Im Juli, im Juli, im Juli habe ich all deine Sachen verbrannt
Und sie glühen, und sie glühen, und sie glühen, und das Feuer singt immer noch
Nur ein Narr würde dich gehen lassen
Nur ein Narr würde es tun
Ich bin auf den Knien
Ich bin auf den Knien
Für dich
Für dich
Ist es richtig, ist es richtig, ist es richtig, dass wir uns nicht ändern können?
Machen wir, machen wir die gleichen Fehler?
Wenn nur deine Knochen bei meinen liegen würden
Wenn nur deine Knochen lügen würden
Ich bin auf den Knien
Ich bin auf den Knien
Ich bin auf den Knien
Ich bin auf den Knien
Für dich
Für dich
Für dich
Für dich
Für dich
Für dich
Ich bin auf den Knien
Ich bin auf den Knien
Für dich
Mein Lieblingsroman - mein Herzensprojekt
Hier gewähre ich einen Blick hinter die Kulissen meiner Romane. Dieses Mal ist alles anders, daher wird der Einblick ungewohnt. Zuerst teile ich persönliche Zeilen, dann Details zum Entstehungsprozess des Liebesromans.
Limitless Love ist ein besonderes Projekt, in dem ich mit der Frage spiele: Was passiert, wenn deine große Liebe geht? Dazu mische ich Traumata, die Eltern unbewusst weitergeben. Ich wünschte, diese Themen entstammten meiner Fantasie oder reißerischen Artikeln. Doch dem ist nicht so.
Ich und Limitless Love
Um Haaresbreite hätte ich die Liebe meines Lebens verloren. Meinen Seelenverwandten, besten Freund … Ganz sicher wäre ich kurz darauf wie eine welkende Blume eingegangen. Glücklicherweise haben wir einen Aufschub erhalten. Aber das Erlebte ließ mich seitdem nicht los.
Ich stamme aus einer Linie Evas, die nie adäquate Hilfe für traumatischen Erlebnisse fand. Eine erlitt zeitlebens offen klaffende Wunden durch die Vertreibung aus Ostpreußen vor Kriegsende. Sie, in einem Gutshaus geboren, litt lebenslang stillschweigend unter seelischen und körperlichen Kriegsverletzungen. Ihre offenen Beine sprachen Bände. Mir zerreißt es noch heute das Herz, wenn ich an ihre Flucht denke. Bei Wind und Wetter, hungrig, durstig, frierend … von Königsberg nach Westmecklenburg. Zu Fuß. Kilometer für Kilometer, um dann neben einer russischen Kaserne zu leben. Anfangs sogar unter einem Dach mit denen, die sie jagten und als Freiwild ansahen – so wie deutsche Soldaten zuvor russische Frauen. Die daraus resultierende Depression und Angststörung gab diese Eva weiter, ohne es zu ahnen. Sie dachte, sie würde alle belasten, wenn sie darüber spricht und es wäre besser, zu schweigen, zu verdrängen.
Was für ein fataler Irrtum. Aber was blieb ihr anderes übrig, galt sie und ihre Generation doch als grausame Täter.
Als ob dieses schwere Bündel nicht genug wäre, fügte die nächste Eva in der Blutlinie eigene Themen hinzu: ein gescheiterter Suizidversuch, Aphonie, Kontaktabbruch zur Familienmitgliedern. Therapien blieben wirkungslos, das große Ganze unberührt. Traurig, aber wahr: Selbst um 2000 war die Vererbung von Traumata kein verbreitetes oder akzeptiertes Thema bei Psychologen. Viele Betroffene und Fachleute sind auch heute oft nicht bereit, diese Tatsache anzuerkennen.
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Natürlich folgte ich anfangs diesem Muster: blind, taub, ahnungslos. Andere waren mir unbekannt. Durch die vererbte Angststörung konnte ich oft keinen Fuß über die Türschwelle setzen, ohne zu verstehen, warum. Nach langen Kämpfen begann ich schließlich eine heilende Psychoanalyse bei einer Therapeutin, die ihr Handwerk liebte, meine Not erkannte. Und meinen Willen, meine Natur auszugraben. Notfalls mit blanken Fingern.
Mit ihrer Hilfe erkannte ich, dass ich unbewusst und stellvertretend für meine geliebte Großmutter mein Zuhause nicht verlassen wollte. Ich hätte alles dafür gegeben, sie hätte es nicht erleben müssen. Sogar meine Sorglosigkeit.
Ohne es zu merken, focht ich also einen Kampf aus, der nicht meiner war – aber zu meinem wurde. Ich erstarrte oder fiel in ein tiefes Loch, das mich zu entwurzeln drohte, sobald ich meine Wohnung verließ. Also blieb ich zu oft und tat das, was für meine Oma den sicheren Tod bedeutet hätte.
Ich litt unter einem Stellvertreter-Trauma-Syndrom.
Verdammt.
Mir war klar, dass der Weg der Aufarbeitung nie endet. In Stresssituationen sind die alten Muster oft präsenter als meine neue, positive Lebenseinstellung. Dank der Hilfe lernte ich, dass Fehler und Irrwege nötig sind, um die Trigger zu erkennen und den ungesunden Kreislauf zu stoppen.
Ich hatte ein Ziel: Ein Leben, in dem ich Regisseurin bin. Frei von den Fesseln der anderen Evas. Ein Leben, in dem ich die Standards setze und alles Toxische rigoros eliminiere. Das habe ich erreicht und bin inzwischen diejenige, die ich schon immer war.
Wie die Evas vor mir habe ich das Familiendrama mit eigenen Themen angereichert und meinen Kindern weitergegeben. Doch heute weiß ich, auch den resilienten Teil – ein großes Geschenk. Für mich lohnt sich der Weg. Ich liebe ihn, nehme die Steine auf, betrachte sie und schleife sie zu Diamanten. Nur so. Für mich. Eine meditative Arbeit, die mich Demut lehrt.
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Das war der persönliche Teil. Ich möchte aber gern ein paar Antworten zu Anfragen von Leser*innen geben.
Leser*innen fragen oft, wie mir die Romane 'einfallen'. Hier die oft enttäuschende Antwort. Ich denke in Bildern, Geschichten oder Konzepten und erschaffe neue Ideen oder Lösungen aus scheinbar nicht zusammenhängenden, abstrakten Informationen. Das kann ein Satz sein, ein aufgeschnapptes Gespräch von Fremden oder Arbeitskollegen.
In einer Art geschützten Raum, spiele ich damit, wie ein Kleinkind mit einem Ball. Genauso unbefangen, exzessiv.
Limitless Love - darin steckt viel von mir. Nicht eins zu eins, eher als unterschwellige Emotion.
Der erste Ansatz im Roman war die Szene, in der Paula bei Denis eine Enttäuschung in Sachen Liebeskünste erlebt. Alles deutete auf eine Komödie hin. Beim 'Fischen' lachte ich, milderte die Szene später aber ab. Aus Frauensicht ist so ein Erlebnis nie witzig. Am Ende blockierte meine Schreibfeder, denn ich wollte diese Art von Übergriffigkeit keinesfalls parodieren.
Am Selfpublishing liebe ich, starre Regeln aufbrechen zu können. Ich entscheide über die Themen in den Romanen, nicht ein gewinnorientierter Verlag. So weint eine Heldin in meiner Komödie, die von einer tragischen Kindheit geprägt ist. Gleichzeitig lacht ein Held in einer Tragödie und nimmt sich am Ende mit einem – für seine Konfession – ruchlosem Mordinstrument das Leben.
Why not? Meine Helden und Heldinnen sind widersprüchlich. Wie wir. Und ich presse ungern alles in vorgefertigte Schubladen, ohne zu hinterfragen und die Details aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Bei Limitless Love darf jeder selbst entscheiden, ob er/sie am Ende ein Happy-End herausliest oder eine Tragödie. Oder beides.
Es ist eben wie im Leben – alles reine Ansichtssache und viel mehr möglich, als wir ahnen.
Hier erhältlich